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Alle Träume | Über Swedenborgs Traumtagebuch | Monophysitismus

O s t e r t r ä u m e


Die Eintragung " 5 X 6 [Aprill]" wurde am 6. April niedergeschrieben, dem zweiten Ostertag des Jahres 1744. "Immer noch hatte ich Versuchungen, meistens bis nachmittags sechs Uhr, aber unbestimmt."

In den Morgenstunden des Ostertages hatte Swedenborg "eine Angst, als sei ich zur Hölle verdammt". Er geht zum Tisch des Herrn. Es herrscht etwas wie naturhaft- verwirrte Erwartung. Frühling. Die Knospen: grün ausgeschlagen-ausschlagend. Ein Kurier soll gekommen sein.

Die österliche Krise nähert sich ihrem ersten Höhepunkt als "Er. B.", die Personifikation vielmehr Initialisation des Versuchers (dem ausdrücklich Gewalt über Swedenborg verliehen wurde wie dem Hinderer über Hiob) auftritt. Denn "Er. B." , der Herr der Initialen, erscheint nicht selbst, er schickt seine Kreatur, seinen Hund, und auch den nur in der Gestalt einer dunkelgrauen Schlange.

Gewöhnlich wird "Er.B." mit Erland Broman aufgelöst, aber auch Eric Benzelius - eine sehr wichtige Person in Swedenborgs Leben - käme als Versucher-Initiale in Frage; sein Abgesandter, der Hund, verspritzt Eiter, als Sw. seine Kinnbacken zusammen preßt. Danach unterhalten, zanken sich Hund und Swedenborg, Entleerter und Entleerer wie alte Bekannte; wenn es nicht um Sexualität ginge - worum dann?

Die nachmittägliche Versuchung des zweiten Ostertages ist mit der Schlangen-Hunde-Pickel-Wunde-Auspressung abgeschlossen. Ein ermatteter theologischer Gedanke schließt sich an (etwa: gratia gratis data), dann schläft Sw. ein, wird im Schlaf substanziell umgewandelt und gereinigt, aber dann regen sich plötzlich Zweifel an seiner Eignung.

Irgendwo wird die Frage laut: "Kann ein Jacobit mehr als ehrlich sein?" Jakobiten heißen nach Jakob Baradaios (syr. "der Zerlumpte") die Anhänger der westsyrischen monophysitischen Kirche (ca. im Jahr 550). Nach kurzer Prüfung wird Swedenborg getröstet und vom Ruch des Monophysitismus befreit. Allerdings weiß er da bereits nicht mehr, ob das Wort wirklich Jacobit gelautet hatte - das untiefenreiche, ja unheimliche Reich des Monophysitismus, der Vermischung oder Entmischung des Menschlichen und des Göttlichen, das klassische Thema des Schismas, zieht sich zurück, verwischt; jenseits davon beginnt ein Reich reiner Freude. "War, um es mit einem Wort zu sagen, im Himmel..." Er ist aufgenommen in den Umkreis des Göttlichen.







In der Nacht zum zweiten Ostertag und am ganzen zweiten Ostertag hält diese unbeschreibliche Freude an, um am Abend des 6. April 1744 neuen Anfechtungen Platz zu machen, intellektuelle Spitzfindigkeiten, die vorbei ziehen. Sw. lächelt wie nachsichtig über die Beschränktheit des Versuchers, verbringt den Tag in tiefen geistlichen Gedanken in Delft. Um zehn Uhr geht er zu Bett.

Nach einer halben Stunde hat er Auditionen. Donnergetöse. Er wird durchgeschüttelt und "hingeworfen", ist ganz in der Macht eines andern: Jesu Christi selbst, der Swedenborgs Hände drückt, ihm die Gebetsworte eingibt und ihn sich schließlich auf seinen Schoß setzt wie ein Kind. Er fragt nach Sw.s Gesundheitszeugnis ...

Nach dem Erwachen fragt Swedenborg in den Traum hinein wie in ein völlig der Realität zugehöriges Terrain, ob, was er dort erlebte hat, "wirklich" war? War es wirklich Christus, der zu ihm kam? Als Beweis dient ihm seine eigene Willenlosigkeit, mit der er im Traum das Gebet gesprochen hatte, das ihm eingegeben worden war; wer der Gnade teilhaftig wird, den nimmt sie völlig in Anspruch. Selbst das Gebet zirkuliert in ihr als einem geschlossenen System.

Die österlichen Versuchungen, Träume, Auditionen - die erste "Berufungsvision" - enden mit einem Vatertraum. In priesterlicher Gewandung verlängert der Vater die Halbärmel des Knaben um (seine eigenen?) Manschetten, verlängert eine Hülle und fixiert sie mit Bändern. Dann fragt der Vater den Sohn um seine Meinung in einer Rechtsfrage. Dürfen Geistliche heiraten und Weltliche werden? Wie es der König in 30 Fällen erlaubt haben soll? Zuerst will Swedenborg hinter dem Berg halten, formal auf seine Schriften verweisen, "dann aber gab mir mein Gewissen die Antwort", daß ein solcher Standeswechsel nicht sein dürfe. Der Vater stimmt dem Sohn, der in herabgezogenen mit Bändern verknoteten Halb-Sohn-Halb-Vater-Manschetten vor ihm stand zu, erhöht aber die Zahl der fraglichen Geistlichen kurzerhand auf 50. Nun bemerkt der Träumer Swedenborg, daß er den vorgeblichen Vater "Bruder" nennt und zwar, weil der "mein Bruder sein müsse, weil mein Vater tot sei!"





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