Antiquariat Bernard Richter, Baden-Baden, Germany







28./29. April 1744 | 30. April/ 1. Mai 1744| 5./ 6. Mai 1744

Sah einen degenbewaffneten Mann, der Wache stand, der Degen war gezackt und scharf. In den Rockärmeln hatte er irgendetwas stecken. Ich fürchtete mich vor ihm, denn ich sah, daß er betrunken war und mich verletzen konnte. Bedeutet, daß ich gestern mehr getrunken habe, als ich durfte.Dies war nicht geistig, sondern fleischlich, also sündig.

War dann mit meinem verstorbenen Bruder Eleasar zusammen. Er wurde von einem wilden Schwein angegriffen, das ihn festhielt und biß. Ich wollte den Keiler mit einem Haken zu Fall bringen, vermochte es aber nicht. Dann stand ich auf und sah, daß er zwischen zwei Wildschweinen lag, die seinen Kopf fraßen. Ich konnte niemanden zu Hilfe holen und lief fort. Bedeutet, glaube ich, daß ich gestern übermäßig viel Speise zu mir genommen habe. Das ist Fleischeslust und dem Geist gegenüber feindlich. Denn so leben die Schweine, wie Paulus sagt, als er die Festgelage verbietet.

Am folgenden Tag nahm ich mich mehr in acht, wurde aber doch sehr stark in Versuchung geführt. Bei dem Gedanken, daß ich von jetzt an meine Eßlust bezwingen sollte, kam ich in einen sonderlichen Zustand von Traurigkeit, wurde aber davon erlöst, als ich gebetet und einen Psalm gesungen hatte, gemäß dem Willen, nicht mein eigen zu sein, sondern als neuer Mensch in Christus zu leben. Als ich am 1sten Mai den Haag in der Maaslandschute verließ, träumte ich während der Fahrt, mein Bruder Jesper und noch eine Person seien meinetwegen ins Gefängnis geworfen worden. Ich hatte auch in das Gefährt etwas gelegt und an Land gebracht, für das ich Rechenschaft ablegen mußte. Es kamen Richter, die meinen Bruder verurteilen sollten. Sie hatten zwei beschriebene Papiere in ihren Händen. Unterdessen sah ich Vögel auf mich zufliegen, die ich mit einem scharfen Messer in den Hals schnitt und sie so tötete. Die Richter kamen dann und gaben meinen Bruder frei. Ich küßte ihn und freute mich darüber. Bedeutet, daß ich meine herumschweifenden Gedanken mit Hilfe des Glaubens tötete und darum freigesprochen wurde,.

Nach meiner Ankunft in Harderwik in England schlief ich nur einige Stunden. Da erschien mir vieles, das sich auf meine Arbeit bezog. Es war in der Nach vom 4. auf den 5. Mai nach dem englischen Kalender, ich träumte:
1. Verlor einen Geldschein, der Finder bekam nur neun Heller dafür. Auch ein anderer fand einen solchen Schein und verkaufte ihn für neun Heller. Ich sagte aus Spaß, das sei das reine Pfänderspiel. Bezieht sich wahrscheinlich auf den Charakter der Engländer, daß sie teils ehrlich, teils unehrlich sind.
2. Waren da einige Leute, die sich darüber wunderten, wie gut meine Kupferstiche gemacht waren. Sie wollten meine Skizzen sehen, ob ich so zeichnen könnte, wie sie gemacht waren. Bedeutet, daß meine Arbeit Anerkennung findet, obwohl es Leute gab, die glaubten, daß ich sie nicht schreiben könnte.
3. erhielt ich einen kleinen Brief, für den ich neun Heller zahlte. Als ich ihn öffnete, lag ein großes Buch aus weißem Papier darin, das hatte viele schöne Zeichnungen, der Rest war leeres Papier. Links von mir saß ein Weib. Sie setzte sich nach rechts und blätterte in dem Buch und da kamen die Zeichnungen zum Vorschein. Ich glaube, mit dem Brief ist gemeint, daß ich in England eine Menge solcher Zeichnungen und Entwürfe anfertigen lassen soll. Das Weib hatte einen breiten Hals und war auf beiden Seiten ganz bloß. Die Haut war glänzend, gleichsam glasiert, am Nagel trug sie ein Miniaturgemälde. Scheint zu bedeuten, daß ich mit Gottes Hilfe in England viele schöne Zeichnungen für meine Arbeit ausführen werde. Daß jenes Weib seinen Ort wechselte, will sagen, daß sich meine Spekulationen, die bis jetzt a posteriori waren, von nun an sich zum apriori wenden werden.
4. Mir wurde befohlen, mit Bergenstierna einen Auftrag auszuführen, in Sizilien, glaube ich, wozu mir Geld angewiesen wurde. Mit diesem Auftrag war ich sehr zufrieden. Doch meinte ich, daß man sich dort vor Skorpionen hüten müsse. Scheint mir zu bedeuten, daß ich nach Beendigung meiner Arbeit einen Auftrag erhalten werde, welchen ich an einem andern Ort ausführen soll oder vielleicht über einen andern Gegenstand.

Über Emanuel Swedenborgs Traumtagebuch