Antiquariat Bernard Richter, Baden-Baden, Germany







5./6. Mai 1744 | 19./ 20. Mai 1744 | 11./12. Juni 1744

Am 20sten wollte ich in der Schwedischen Kirche zum Abendmahl des Herrn gehen, weil ich in viele verderbliche Gedanken verstrickt war. Dies merkte ich daran, daß mein Körper sich mir ständig widersetzte, wie auch daran, daß mir in einem Traum Schaum gezeigt wurde, der fortgenommen werden sollte. Am Sonntag hörte ich am Morgen ganz deutlich im Geist die Worte, es sei Manna, das vom Himmel käme. Ich war weder wach noch im Schlaf, aber ganz deutlich kam mir der Gedanke und die Worte, das Manna bedeute Christus im Abendmahl. Den gestrigen Tag wurde ich vorbereitet, um innerlich zu Ruhe und Frieden zu gelangen und mich in den Willen Gottes zu fügen. Ich empfand auch die ganze Zeit die starke Wirkung des Heiligen Geistes. Die Freude über das Himmelreich auf Erden erfüllte meinen ganzen Körper.

Dennoch konnte ich mich nicht so in Zaum halten, daß ich nicht fleischliche Gelüste gehabt hätte, ohne die Absicht freilich, ihnen nachzugeben. Im Traum glaubte ich, daß es nicht gegen Gottes Willen sei, Professor Öhlreck [ Niklas von Oelreich, 1699-1770] zu begleiten. Ich wurde nicht davor gewarnt wie sonst vor allem, was ich Unrichtiges getan habe. Wie mir vor einigen Tagen im Traum offenbart worden ist, geriet ich an einem Tag zwei Mal in Lebensgefahr. Wäre Gott nicht mein Schirm gewesen, hätte mein Leben zwei Mal auf dem Spiel gestanden; Einzelheiten will ich nicht beschreiben. Die innere Freudigkeit hielt so stark an, meistens wenn ich allein und ohne Menschen war, morgens, abends, tagsüber, daß man sie nur als eine himmlische Freude begreifen kann. In diesem Zustand hoffe ich zu bleiben durch die Gnade des Herrn, solange ich den rechten Weg gehe und reinen Herzens bin. Denn sobald ich davon abweiche und weltlichen Vergügungen nachgehe, verschwindet das Wonnegefühl. Gott allein weiß, ob die innerste Kraft, die aus Gottes Gnade der Seele zufließt, mit mir ist, die ich doch bei jeder kleinsten Erregung zu fühlen glaube. Immer aber dachte ich: wenn ich die himmlische Freude habe, was brauche ich die weltliche zu suchen, die im Vergleich zu ihr nichts ist, da sie unbeständig und schädlich ist und die himmlische Freude verdrängt und zerstört.

Infolge einer Schickung geriet ich in die Kirche der Mährischen Brüder, die sich für die wahren Lutheraner halten und die Gnade des Heiligen Geistes in sich zu verspüren glauben. Wie sie sagen, vertrauen sie nur auf Gottes Gnade und Christi Blut und Verdienst und treiben einfältiglich ihr Werk. Darüber besser ein andermal mehr. Mir scheint es noch nicht bestimmt zu sein, in ihre Brüderschaft einzutreten. Ihr Gotteshaus wurde mir vor drei Monaten offenbart, so wie ich es später sah, aber alle waren da wie Priester gekleidet.
Über Emanuel Swedenborgs Traumtagebuch