Antiquariat Bernard Richter, Baden-Baden, Germany







11./12. April 1744 | 12./13. April 1744 | 13./14. April 1744

Ich erkannte und sah es gestern im Geiste, und durch eine Art geistiger Lichtschrift wurde es mir offenbart, daß der Wille das Denken am meisten mein Einatmen beherrscht, da nämlich dann die Gedanken vom Körper aus ins Denken einströmen. Beim Ausatmen aber werden sie gleichsam hinausgetrieben und so geläutert. Somit sind die Gedanken demselben Wechsel wie die Atmung der Lungen unterworfen, da die Einatmung durch den Willen, die Ausatmung durch die Natur bestimmt wird, und wechseln mit jedem Atemzug. Kommen böse Gedanken, so braucht man nur den Atem anzuhalten, dann sind sie fort. Hieraus versteht man auch, warum man die Lungen bei starkem Nachdenken in diesem Zustand hält. Da erfolgt dann das Einatmen schneller als das Ausatmen, sonst ist es umgekehrt. Auch das ergibt sich daraus, daß man in der Ekstase den Atem anhält, wo die Gedanken uns wie völlig entschwunden sind. Auch im Schlaf, wo sowohl Einatmen wie Ausatmen zur Natur gehört, offenbart sich an der Atemart das, was von oben einfließt. Darum kann man auch vom Gehirn schließen, daß sich beim Einatmen - wie alle inneren Organe - auch das Gehirn ausdehnt, und daß so die Gedanken entstehen und ihren Lauf nehmen.

Ich kam an einen Ort, wo sich wunderbar große und hohe Windmühlen in rasender Eile drehten. Ich warf mich ins Dunkle nieder und kroch auf der Erde, da ich fürchtete, ein Windmühlenflügel könnte mich treffen und meinem Leben ein Ende machen. Ich geriet auch unter einen Flügel, der aber blieb stehen. So kam ich glücklich durch, weil der Flügel mir half. Bedeutet, daß ich gestern mit meinen Gedanken, die der Traum mir als Windmühlenflügel darstellte in Widerstreit war und ich nicht wußte, was ich tun sollte. Doch durch Gottes Gnade wurden sie zum Stehen gebracht, so daß ich wohlbehalten und gesund hindurch kam. Dafür sei Gott Lob und Ehre. Er sieht meine Schwachheit nicht an.

Darauf glaubte ich mit Leuten zusammen zu sein, die sich im Goldmachen versuchten. Aber sie mußten dazu in die Höhe klimmen, das vermochten sie nicht. Anders war es unmöglich, Gold zu machen. Sie mühten sich lange und sehr. Schließlich war ich nur noch mit zwei Menschen zusammen, die empor zu klimmen versuchten, obwohl der Herr ihnen nicht beistand. Ich sagte, so könne das nicht gelingen und ging voran. Ich hatte ein Seil und zog, merkte aber, daß jemend stark in entgegengesetzter Richtung zog. Endlich sah ich, daß ich einen Mann mitzog und empor hob. Da freute ich mich und sagte, ich hätte also recht gehabt. Gold bedeutet, glaube ich, das Gute, aurum, quod bonum est, und ist Gott wohlgefällig. Man muß aber emporsteigen, um es zu erlangen. Doch das steht nicht in unserer Macht, obwohl wir meinen, es durch eigene Kraft tun zu können. Wir merken, daß uns etwas stark darin hemmt, aber endlich erreichen wir es durch Gottes Gnade. Lange verfolgte ich diesen Gedanken, der immer heller in mir wurde. Diese Helligkeit bedeutet, daß Gottes Gnade mitwirkt. Alles führt uns dahin, zu erkennen, das Gute wirklich zu tun sei nur möglich durch Gottes Gnade und den Glauben, den Gott verleihen möge. Dies war mit dem Goldmachen gemeint. Von dem Herrn empfängt man dann alles, was nötig und einem nützlich ist. Dies wurde mir sehr deutlich offenbart: das Gute zu wirken, darin liegt Gold.

Als ich vom Schlaf aufstand, war ich in großer Angst vor dem Herrn. Ich befand mich in einem Kältezustand, der mich bei dem geringsten furchtsamen Gedanken vor Angst zitterm ließ. So wollte mir Gottes Gnade zeigen, wie ich die Seligkeit mit Furcht und Zitternn suchen müsse. Durch mein symbolon: "Dein Wille geschehe, ich bin Dein und nicht mein", habe ich mich dem Herrn ergeben, so tue er mit mir nach Seinem Gutdünken. Körperlich fühlte ich mich schwach, aber geistig war ich froh. Alles ist Gottes Gnade. In diesem Gedanken bestärkte er mich. Dauernd befand ich mich in zwiespältigen Gedanken, die miteinander stritten. Allmächtiger Gott, ich bitte Dich um die Gnade, Dein sein zu dürfen und nicht mein. Es ist nichts mein Werk, sondern alles ist der Wille des Herrn. Ich bitte Dich, Gott, um die Gnade, Dir zu gehören, damit ich mir nicht selbst überlassen bleibe.