Antiquariat Bernard Richter, Baden-Baden, Germany







10./11. April 1744 | 11./12. April 1744 | 12./13. April 1744

Träumte die ganze Nacht, habe aber nur das wenigste behalten. Mir war, als würde ich die ganze Nacht in vielen Stücken belehrt, deren ich mich jedoch nicht entsinne. Ich schlief ungefähr elf Stunden. 1. Ich entsinne mich, daß etwas von substantialia oder essentialia gesagt wurde, die man suchen müsse. 2. wurde etwas von Thymus und glandula renalis gesagt, was ich so deute: wie Thymus das schlechte Serum vom Blut scheidet und glandula renalis es nach der Reinigung wieder dem Blut zuführt, so geschieht es auch in geistiger Weise in uns. 3. Sah ich meine Schwester Caisa. Sie tat, als geschähe ihr weh, warf sich hin und schrie. Als unsere Mutter kam, veränderte sie Rede und Miene. Die Deutung davon will ich nachher geben. 4. war da ein Pfarrer, der in einer großen Versammlung predigte und schließlich gegen einen andern redete. Ich weiß nicht, ob dessen Name genannt wurde oder nicht. Aber jemand stand auf und sagte, so etwas dürfe nicht sein. Ich war dann mit jenem in einer Privatgesellschaft. Da wurde gesagt, daß auf solche Beleidigungen drei schwedische Mark Strafe stünden. Er schien nicht zu wissen, daß es so schwer bestraft wurde. Er meinte, man begänne mit einer Strafe von einer Mark, dann stiege es auf zwei usw. Dies bedeutet, daß man nicht gegen jemanden reden, predigen oder schreiben darf, denn das ist strafbar und schändlich. 5. Bewegten sich meine Kniee von selber, was bedeutet, daß ich demütig geworden bin. Dies geschah also durch Gottes Gnade, wofür ich demütigst danke.

Ich merkte an mir, wie auch an der dritten Sache des Traumes, daß in jedem einzelnen Gedanken, auch wenn wir ihn für fast rein halten, unendlich viel Sünde und Unreinigkeit steckt, ebenso in jedem Verlangen, das vom Körper aus, wo es verwurzelt ist, in die Gedanken kommt. Obwohl die Gedanken rein erscheinen, ist das dahinter, daß man aus Angst, Heuchelei und vielen andern Gründen so denkt. Wie man auch bei einigem Nachdenken findet, daß sich keiner frei von Sünde fühlen kann und jeder Gedanke mit Unreiheit vermischt ist. Darum ist es wichtig, zu wissen, daß man zu jeder Zeit und Stunde die Strafe der Hölle verdient hat und nur durch Gottes Gnade und Barmherzigkeit um Jesu Christi willen Vergebung erlangt. Ich habe auch erkannt, daß aller uns eigene Wille, da unser Leib ihn beherrscht und ihm die Gedanken eingibt, dem Geist entgegen ist, den Gottes Gnade vermittelt. Deshalb ist immerdar Streit in uns. Wir können uns nie völlig mit dem Geist vereinen, der aus Gnade zu uns kommt. Und so sind wir allem Guten genüber gleichsam wie Tote. Aber das Böse ist unser eigenes Ich. Unzähliger Sünden sind wir schuldig immerfort, die alle der Herr weiß, aber nicht wir, denn wir wissen wenig von unseren Gedankensünden. Nur unsere Handlungen zeigen uns, wie wir Sünder sind. Auch ist zu bemerken ...