Antiquariat Bernard Richter, Baden-Baden, Germany







9./10. April 1744 | 10./11. April 1744 | 11./12. April 1744

Ich kam in einen niedrigen Raum, da waren viele Leute. Ich sah aber nur auf eine Frau. Die war ganz schwarz gekleidet und nicht böse. Sie ging in die Tiefe einer Kammer. Ich wollte nicht mitgehen. Sie zeigte mir mit der Hand die Tür. Ich ging hinaus und fühlte, wie ich mehrere Male von einem spukhaften Wesen festgehalten wurde. Es griff mich am Rücken. Dann verschwand es. Als ich hinaus kam war da wieder ein Spukwesen und tat dasselbe. Das war ein häßlicher alter Mann; Endlich wurde ich ihn los. Diese Gespenster waren meine Gedanken vom vergangenen Tag. Ich hielt mich für unwürdig und fürchtete, nicht mein ganzes Leben in Reinheit verbleiben zu können, doch ich tröstete mich damit, daß Gott allmächtig ist und seine Kraft das vollbringt, was uns unmöglich ist. Etwas jedoch in mir hinderte mich noch daran, mich Gottes Gnade ganz zu unterwerfen, auf daß er mit Seinem Willen mit mir täte.

Als ich nun draußen war, sah ich viele Leute auf einem Lettner [ eine halbhohe Trennwand in Mönchskirchen, die Chor und Hochaltar vom Kirchenschiff trennt] sitzen. Ein starker Wasserstrom floß durch das Dach. Er war so stark, daß er alles, was in seinen Weg kam, durchbrach. Einige versuchten, das Loch zuzuhalten, damit das Wasser nicht eindränge. Einige flüchteten, damit es sie nicht treffen sollte. Wieder andere wehrten dem Strom, so daß er in Tropfen zersprühte, andre versuchten ihn draußen am Lettner entlang zu leiten. Bedeutet wie ich glaube die Kraft des Heiligen Geistes, der uns in Leib und Seele einfließt. Die Leute bedeuten meine Gedanken und Triebe, die mir den Geist ablenkten oder abwehrten.

Dann verließ ich diesen Ort und begann in Gedanken das Strömende, das vom Mittelpunkt zu den Grenzen ausfließt, zu messen und zu prüfen. Es schien der Himmel zu sein, denn es war da ein himmlischer Schein. Noch mehr schien mir deutlich, aber ich wage noch nicht es als gewiß auszusprechen, weil es sich um etwas handelt, das erst geschehen soll.

Als nun die Anfechtung wiederkam, rief ich Jesum um Hilfe, da verging alles. Faltete meine Hände unter dem Kopf, da kam es nicht wieder. Ich zitterte aber, als ich erwachte und hörte einen matten Laut, weiß nicht woher.

Als ich wach war, dachte ich darüber nach, ob alles wohl Einbildung sein könne. Da merkte ich, daß mein Glaube ins Wanken geriet und betete mit gefalteten Händen, Gott möge mir den Glauben stärken, was auch sogleich geschah. Auch als mir Gedanken kamen über meine Auserwähltheit, betete ich, von ihnen befreit zu werden, und alsbald geschah es. So kommt man vom rechten Weg und vom Glauben ab, sobald der Herr seine Hand nur ein wenig von uns nimmt, wie ich an mir selber deutlich erfahren habe.

Ich schlief diese Nacht ungefähr elf Stunden, war den ganze Morgen in meinem gewohnten Zustand überirdischer Freude, die aber mit Qualen verbunden war. Dies kam, glaube ich, von der Kraft des Geistes und von meiner Unwürdigkeit. Wieder kam mir durch Gottes Gnade der Gedanke, daß wir mit allem, was dem Herrn gefällt, zufrieden sein müssen; denn alles ist Sein Wille. Man darf sich dem Geist nicht widersetzen, da wir doch gewiß sind, daß Gottes Gnade alles zu unserem Besten wendet. Da wir Gott gehören, müssen wir mit dem, was Er mit seinem Eigentum zu tun beliebt, zufrieden sein. Doch muß man den Herrn um diese Ergebung bitten, denn mit unserer Macht ist nichts getan; Er gab mir Gnade. Ich versuchte, mit Gedanken zu verstehen, warum es so sei. Doch das war Sünde, dahin dürfen sich unsere Gedanken nicht versteigen. Wir müssen den Herrn bitten, sie zu leiten. Es genügt, daß es ihm so gefällt. In allen Dingen müssen wie Ihn anrufen, bitten, danken und mit Demut unsere Unwürdigkeit erkennen.

Noch bin ich matt an Leib und Seele, ich weiß nichts, als daß ich unwürdig und ein elendes Geschöpf bin. Das macht mir Pein. Ich sehe, wie unwürdig ich der empfangenen Gnade bin.

Ich hatte gesehen, daß der herabfließende Strom die Kleider eines Mannes, als er zu entkommen versuchte, durchnäßte. Vielleicht ist ein Tropfen auf mich gefallen und bedrängt mich. Wie würde mich erst der ganze Strom bedrängen. Darum sei dies mein symbolon: Dein Wille geschehe, Gott! Ich bin Dein und nicht mein. Gott gebe seie Gnade, nichts ist mein Werk.

Ich verspürte, daß man geistige Qual haben kann, obwohl man durch den Geist Gewißheit der Sündenvergebung erlangt hat und hoffen und vertrauen kann, in Gottes Gnade zu sein.